Indische Raumfahrt

Indische Raumfahrt

Indien ist mit zwei Milliarden Menschen, die zu 75% in der Landwirtschaft arbeiten, die zweit- volkreichste Nation der Erde. Indien konzentriert seine Raumfahrt-Aktivitäten vor allem auf Anwendungssatelliten zur Telekommunikation und Erderkundung. Mit amerikanischer, europäischer und sowjetischer Hilfe hat Indien inzwischen eigene Satelliten zur kontinuierlichen Umwelt- und Wetterbeobachtung im Orbit stationiert sowie die Anbindung tausender funktechnischer Bodenstationen per Satellit an das öffentliche Radio- und TV-Netz erreicht. Außerdem war schon ein indischer Nutzlast-Astronaut bei einer Mission an Bord einer sowjetischen Raumstation im Erdorbit. Bemerkenswert sind auch die gelungenen Starts kleiner, leichter Erdsatelliten mit eigenen Raketen. Das indische Trägerraketen-Programm verschlingt ca. die Hälfte des auf 600 Mio. DM geschätzten Raumfahrt-Budgets. Indien war das 7. Land, das sich mit dem Start des Satelliten Rohini-8 durch die selbstgebaute Rakete SLV-3 im Juli 1980 als eigenständige Raumfahrt-Nation etablierte. Der im August 1983 von den USA gestartete Satellit Insat-1B hat es ermöglicht, dass jetzt über 80% der indischen Bevölkerung mit Fernsehsendungen erreichbar sind. Ausgehend von den Erfahrungen mit dem amerikanischen Kommunikationstrabanten ATS-6 ist es den indischen Technikern inzwischen gelungen, über 10.000 der 520.000 indischen Dörfer mit Anlagen zum Empfang von Fernseh- und Radiosendungen per Satellit auszurüsten. Dieser Informationsschub für die wenig entwickelten bäuerlichen Regionen des indischen Subkontinents hat sehr positive Auswirkungen. Die enge Kooperation Indiens mit sowjetischen Raumfahrt-Experten zahlte sich aus, als am Anfang der 80er Jahre ein Angebot der UdSSR bekannt wurde, einen indischen Raumfahrer mit zur sowjetischen Raumstation zu nehmen. Der 35-jährige Luftwaffen Pilot Rakesh Sharma wurde zwei Jahre lang im Sternenstädtchen bei Moskau ausgebildet, bis er schließlich im April 1984 mit der Kapsel Sojus-T11 zur sowjetischen Orbitalstation Saljut-7 startete. Kommandant der Mission war J. Malyshev, Flugingenieur war G. Strekalow. Zusammen mit den schon am Bord befindlichen Kosmonauten Kisim, Solovyev und Atkow unternahmen die Neuankömmlinge zahlreiche medizinische Experimente sowie auch einige Yoga-Übungen. Mit einer Spezialkamera fotografierte Rakesh vor allem indisches Territorium und entdeckte dabei einen Waldbrand in Burma. Nach fast acht Tagen im Orbit landete die Crew in der Kapsel Sojus-T10B sicher im Zielgebiet in der Sowjetunion. Für das Haushaltsjahr 1999/2000 hat die Regierung des fernöstlichen Landes den zivilen Raketen- und Satelliten-Projekten umgerechnet 413 Mio. DM bewilligt, was gemessen am laufenden Budget eine Steigerung von 14 % bedeutet. Für militärische Raketen-Entwicklung gibt Indien 128 Mio. DM aus, für den Bau von Satelliten 43 Mio. Dazu kommen 13,2 Mio. DM für Anwendungsprogramme, 3 Mio. für Wissenschaftsprojekte und 112 Mio. DM für den Betrieb der indischen Kommunikations-Satelliten. Der wichtigste Bereich für das Land ist sicher die Entwicklung von Raketen für den Start von Nutzlasten in polare und geostationäre Orbits.

Organisation

Indiens Weltraum-Forschungsprogramm begann 1963 mit dem Start von Ballons und kleinen Höhenraketen von der Basis Trivandrum im Süden des Kontinents. 1969 wurde die "Indien Space Research Organisation" (ISRO) gegründet mit dem Hauptquartier in Bangalore und diversen über das ganze Land verstreuten Forschungszentren, Comsat- und Erdsat-Stationen. 15.000 Experten der ISRO arbeiten in folgenden Zentren: · "Vikram Sarabhai Space Center" mit 5000 Angestellten bei Trivandrum ist die technische Basis für die Trägerraketen-Entwicklung; · "Liquid Propulsion System Center" mit ca. 1000 Angestellten bei Bangalgore und Trivandrum ist das Versuchungszentrum für Raketenantriebe; · "ISRO Satellite Center" mit 2000 Experten ist das Entwicklungs- sowie Testzentrum für Forschungs- und Anwendungssatelliten; · "SHAR-Center" mit 2200 Angehörigen ist die Anlage für Entwicklung und Produktion von Feststoffmotoren; · "ISRO Telemetry Tracking and Command Network" mit Hauptquatier in Bangalgore leitet zahlreiche Bodenstationen für die Satelliten-Überwachung; · "Space Applications Center" in Ahmedabai ist das Zentrum für die Entwicklung und den Bau von Kommunikations- und Erdbeobachtungs-Satelliten; · "National Remote Sensing Agency" mit Anlagen für Empfang, Bearbeitung, Auswertung und Verteilung von Bilddaten indischer und internationaler Satelliten (Landsat, Spot usw.) · "Physical Research Laboratory " ist Indiens wichtigstes Zentrum für Weltraumforschung.

Satelliten

Seit 1975/76 beteiligt sich Indien an dem amerikanischen Site-Programm, bei dem über den Satelliten ATS-6 ca. 2400 Dörfer mit aktuellen Fernseh-Informationen über moderne landwirtschaftliche und medizinische Erkenntnisse sowie Unwetterwarnungen versorgt wurden. Es folgte 1977-79 ein langfristiges Telekom-Experiment mit einem der deutsch-französischen Symphonie-Trabanten. Daran schloß sich 1981 der Start des Apple-Trabanten mit einer europäischen Ariane-Rakete an, der erste indische Comsat auf geosynchroner Bahn hat landesweit Fernseh- und Radioprogramme an tausende Empfänger vermittelt. 1982 startete im April eine amerikanische Delta-Rakete den 1152 kg schweren Trabanten Insat-A1, der als direkt sendender Fernseh- und Radiosatellit sowie als Wetterspäher ausgelegt war, ähnlich den amerikanischen ATS-Trabanten, mit halbstündig übermittelten globalen Wolkenbildern. Aber schon ein halbes Jahr später fiel der Satellit aus. Darauf folgte im August 1983 der mit dem US Shuttle gestartete Insat-1B, der nach einigen Problemen bis zum Herbst 1990 funktionierte und fast 30.000 Erdbilder übertrug sowie ungezählte Telefonate auf seinen 4000 Zweiweg-Kanälen vermittelte. Mehr als 100.000 in Indien gebaute Antennen von 3,7 m Durchmesser empfingen die pädagogisch gefärbten TV-Programme, mit denen ca. 70 % der indischen Bevölkerung erreicht wurden. Die Firma "Ford Aerospace" hat die Insat-Trabanten in der USA gebaut, das Startgewicht betrug ca. 1200 kg. Mitte 1988 startete mit einer Ariane-Rakete der dritte Satellit Insat-1C, der zwar seinen Synchronorbit erreichte, bei dem aber kurz darauf die Hälfte der 12 C-Band- und zwei S-Band-Transporter ausfielen, so dass sich die Experten auf die meteorologischen Experimente konzentrierten. Insat-1D gelangte 1993 mit einer Delta-Rakete in den GEO-Orbit. Vier Satelliten zur Forschung und Anwendung ließ Indien mit sowjetischen Raketen starten, diese Serie begann 1975 mit dem 350 kg schweren Aryabhata für röntgenastro-nomische Untersuchungen. Ein von Indien gelieferter zentraler Transformator in dem von sowjetischen Wissenschaftlern gebauten Trabanten versagte aber schon wenige Tage später, so dass nur wenige Daten übermittelt wurden. 1979 startete mit einer sowjetischen Rakete der indische Satellit Bhaskara-1 mit zwei TV-Kameras und einem Mikrowellen-Sensor. Ein Jahr lang wurden brauchbare Erderkundungsdaten empfangen. Quellen:Enzyklopädie der Raumfahrt