Utopischer Mond

Utopischer Mond
Kurt Jaritz, Stiasny-Verlag, 1965

Inhalt:
Buch
Bewertung

Buch:
"Utopischer Mond – Mondreisen aus drei Jahrtausenden" war ein Titel, unter dem ich mir sehr wenig vorstellen konnte. Frei übersetzt heißt ja utopisch "unmöglich", wieso soll also der Mond unmöglich sein? Ein besserer Titel wäre  wohl "Utopische Mondreisen" gewesen, denn in diesem Buch geht es hauptsächlich darum, wie Autoren ihre Figuren von beziehungsweise zum Mond (und auch anderen Himmelskörpern) fliegen / reiten / etc. lassen. Weiterhin stellt der Autor die fiktiven Geschichten mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen seiner Zeit gegenüber. Das Problem dabei ist allerdings, dass das Buch hoffnungslos veraltet ist, da es 1965, also vier Jahre vor der ersten Mondlandung eines Menschen gedruckt wurde. So wird zum Beispiel eine russische Anleitung zum Verhalten auf dem Mond noch als Kuriosität dargestellt, obwohl sie (zumindest für mich) richtig erscheint.
Zwei lange Kurzgeschichten sind als ganzes abgedruckt (wie soll man auch sonst 319 Seiten lang über Mondgeschichten philosophieren), also die von dem Spanier Domingo Gonzales, der mit Schwänen angeblich zum Mond flog und die von Johannes Keplers Traum. Mit den Geschichten habe ich aber eindeutig das Problem, dass sie den Rahmen des Buches sprengen und das auch nicht unbedingt erwiesen wird, dass wir hier einen sehr fantasievollen Autor vor uns haben. Außerdem sind die Geschichten zum Teil sehr technisch geschrieben, was natürlich an den Autoren der Geschichten liegt, zum Beispiel Johannes Keppler. Dieses Buch ist also zum Teil Geschichtensammlung, zum Teil aber auch eine Vergleich von Geschichten mit der Realität. Das Buch ist relativ ziellos, es wird über Mondreisen philosophiert, darüber, wie uns die Außerirdischen sehen und ob Leben auf dem Mond möglich ist, eine Frage, die vor der ersten Mondlandung eines Menschen ja noch nicht ganz geklärt war. Hier ein Auszug, über Mondbewohner: "Die verbürgten Nachrichten utopischer Dichter, Satiriker und wohl auch ernstzunehmender Gelehrter geben uns nachgerade den unwiderlegbaren Beweis lunarischer Existenzen. Sie beweisen uns aber auch, daß Menschen neben solchen, die kurzfristig der Mondseligkeit teilhaftig geworden sind, eine permanente Transplantation in paradiesische Mondgefilde ohne merkenswerte Nachteile für ihr körperliches oder gar seelisches Wohlbefinden ausgehalten haben. Allerdings — in einem geben auch sie dem Leiter des Weltraumzentrums in Pasadena recht: es gibt keine grünen Zwerge ["Gut, wenn sie wissen wollen, ob es dort irgendwelche grünen Zwerge gibt, lautet die Antwort: nein!", amerikanische Äußerung, nachdem eine Mondsonde genauere Fotos des Monde gemacht hatte] auf dem Mond! Wie konnte man auf die obskure Idee verfallen, gerade Zwerge zu Mondbewohnern machen zu wollen? Bei der geringen Masse dieses Himmelskörpers und der also wenig wirksamen Anziehungskraft böten sie dieser zu geringe Angriffspunkte. Sie liefen sogar Gefahr, bei einer unbedacht scharfen Bewegung aus ihrem Bereich zu kommen und ihrerseits zu Trabanten des Erdtrabanten zu werden." (Seite 532)
Nun ja, wer von uns glaubte schon an die Existenz von grünen Zwergen oder überhaupt irgendwelchen menschenähnlichen Gestalten auf dem Mond? Jaritz' "Quellen" wollen zufolge gibt es eine ganze Menge unterschiedlicher "lunarischer Existenzen", ob nun Seleniten, Mondkälber oder eben grüne Zwerge. Und wie auf dem Buchumschlag so schön steht: "So viele Berichte müssen überzeugen!" Oder auch nicht. So ist es nicht verwunderlich, dass der Autor am Ende lediglich feststellen kann, "daß es in der Tat einen Mond gibt" (Seite 319). Für diese Erkenntnis hätte er allerdings nicht unbedingt ein Buch schreiben müssen.

Bewertung:
Abgesehen davon, dass das Buch nicht besonders schön zu lesen ist, da es veraltet und recht spannungslos geschrieben ist und abgesehen davon, dass die Hälfte des Buches nur von anderen Autoren zitiert ist, haben wir hier ein mit hochgeistigen Wörtern abgerundetes Werk, dass sich längst nicht nur auf den Mond, sondern auch auch auf den Rest des Universums bezieht und daher das Fazit unteres Mittelmaß von mir bekommt.

© Stefan Knorr, Oktober 2004.